Impulse

Impuls 5. Sonntag der Osterzeit

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Im Werbespot einer Bausparkasse lese ich: „Du kaufst keine Wohnung und auch kein Haus. Du kaufst die Frau von nebenan, die dir immer Eier leiht und den Nachbarn, mit dem du jederzeit chatten kannst. Du kaufst einen Abenteuerspielplatz, auf dem sich deine Kinder austoben und die Kneipe, in der du die Typen kennenlernst, mit denen du jede Woche Fußball spielst. Du kaufst die Möglichkeiten, die dir die Stadt bietet oder das Land. Du kaufst kein Haus. Du kaufst den wichtigsten Ort der Welt.“

Die eigenen vier Wände sind der wichtigste Ort der Welt. Hier bin ich sicher und geborgen. Hier ist mir alles vertraut, hier kann ich zeigen, wer ich bin. Hier lebe ich mit den Mitmenschen um mich herum. Von solchen Wohnungen, in denen es mir gut geht und ich ganz zuhause bin, spricht das Evangelium des fünften Ostersonntags. Jesus sagt da in den Abschiedsreden zu seinen Jünger: „Euer Herz sei ohne Angst! Denn im Hause meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Ich gehe fort, um einen Platz für euch vorzubereiten.“

Welche Dynamik in diesen Worten steckt, erschließt sich einem erst, wenn man sie mit verschiedenen Ohren hört. Da sind die Ohren der Jünger. Sie waren misstrauisch und ängstlich geworden, weil Jesus von seinem Abschied sprach. Was wird sein, wenn Jesus nicht mehr da ist und sie auf sich allein gestellt sind?  Doch Jesus deutet seinen Abschied als ein Vorausgehen mit dem Ziel, ihnen eine Wohnung einzurichten, dann wiederzukommen und die Jünger zu sich zu holen. Das nimmt dem Abschied das Endgültige und macht neugierig auf das, was noch kommt.

Ich kann die Worte auch mit Ohren Adakims hören, eines syrischen Vaters, der aus Aleppo geflohen ist und sich unter großer Gefahr bis nach Deutschland durchgeschlagen hat. Hier hofft er auf einen sicheren Aufenthaltsort und einen sicheren Arbeitsplatz, um für sich und seine Familie etwas schaffen zu können. Er hofft, dass dann der Familiennachzug irgendwann möglich ist.

Ganz anders klingen die Worte in die Ohren eines Häuslebauers. Er hat die Nase voll von den nörgelnden Mitbewohnern, die ständig etwas zu kritisieren haben, weil es zu laut ist, im Flur schlecht riecht oder die Treppe nicht richtig geputzt ist. Für ihn gibt es nichts Schöneres, als sich nach einem anstrengenden Arbeitstag im Sommer in den Garten und im Winter an einen Kachelofen zu setzen, den Flammen des Feuers zuzuschauen und die Ruhe zu genießen. Es ist einfach himmlisch, wenn keiner etwas von ihm will. Solche Augenblicke am Kachelofen lassen mich erahnen, was eine Wohnung im Himmel bedeuten kann, in der es mir einfach nur gut geht.

Noch einmal anders müssen die Worte von den Wohnungen im Haus des Vaters in den Ohren eines Obdachlosen klingen. Wie hört sich das an, wenn einem eine Wohnung versprochen wird, die unkündbar ist, eine Bleibe, aus der ihn niemand rausschmeißt? Etwas, das er, seit er auf der Straße lebt, nicht mehr kannte. Ich höre die Worte aber auch in den Worten von Behinderten klingen, die in Anstalten und Heimen untergebracht sind, in denen sie zwar ein Dach über dem Kopf haben, aber keine Geborgenheit und keine Heimat finden, weil sie dort von ihren Angehörigen abgekoppelt sind und sie schließlich selber verloren gehen, obwohl sie doch eigentlich nur selbstbestimmt leben wollen und die Sehnsucht nach einem Zuhause in sich tragen.

Last not least höre ich die Worte von den vielen Wohnungen im Haus des Vaters mit den Ohren eines Theologen, der schon viele Jahre im Dienst ist und sich ständig fragt, wie man heute noch Menschen für das Evangelium begeistern kann. Während des Theologiestudiums musste ich „Eschatologie“ studieren, die sogenannte „Lehre von den letzten Dingen“. Zwar war dabei auch die Rede von der Wiederkunft Christi und der Auferweckung der Toten am Ende der Zeiten, mehr aber noch wurde geredet von Hölle, Fegefeuer, Gericht und endgültiger Verwerfung. Da tut es mir gut, wenn mir die Worte Jesu inmitten all des Klugen, was Theologen zur ewigen Zukunft des Menschen zu sagen haben, gleich im ersten Satz betonen: „Hab keine Angst!“  Es gibt eine Herberge für Dich mitten im Herzen Gottes, ohne Tränen und Schinderei.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein Dach, das Sie schützt, eine Treppe, die Sie trägt, eine Tür, die Ihnen offensteht, einen Tisch, der für Sie gedeckt ist, ein Bett, das Ihnen Ruhe gibt, einen Gott, der Ihnen Wohnung schenkt!  Es grüßt Sie

                 Pastor Burkhard Pepping.