St. Laurentius

"Kunst in der Kirche" ! Es war der 26.März 11:30Uhr , der gesamte Vortrag von Frau Ingeborg Müller-Schuitz

70 Jahre - Altar-Mosaik- Triptychon von Edmund Schuitz

Gegen 11.30 Uhr haben wir im Rahmen „KUNST in der KIRCHE“ das Triptychon-Mosaik von Edmund Schuitz im Altarraum näher betrachtet und gewürdigt. Der Wanne-Eickeler Künstler hat das Werk vor 70 Jahren fertig gestellt.

Die Tochter des Künstlers  Frau Ingeborg Müller-Schuitz vor Ort erläuterte uns vieles Wissenswertes......!

 

Autorin: Ingeborg Müller-Schuitz

Kontakt: info(at)mueller-Schuitz.de

Liebe Gemeinde,


herzlichen Dank für die freundliche Einladung, heute zum Thema "Kunst in der Kirche" einen Beitrag leisten zu können. Diese Laurentiuskirche ist für meine große Familie schon ein besonderer Ort. Meine Großeltern Maria und Josef Grafe, meine Eltern Leni und Edmund Schuitz, mein Mann Walter und ich wurden hier getraut. Hier wurde gebetet, gedankt und gefeiert, beerdigt und getrauert. Meine mütterliche Familie sang über Generationen im Kirchenchor und musizierte, unsere Tochter Anne-Katrin spielt vertretungsweise hier die Orgel. Um 1970 war ich Mitglied im ersten Pfarrgemeinderat. Mein Mann und ich gingen hier 1958 zur Heiligen Kommunion und leiteten eine Jugendfreizeit in Prela, Italien.

Nun stehe ich hier vor dem Mosaik-Triptychon, das meine Kinderzeit ganz besonders geprägt hat.

Der Pfarrbrief kündigt für heute eine Führung an. Ich werde Sie leider enttäuschen müssen, das kann ich nicht. Eine kunsthistorische Betrachtung fällt auch aus, weil mir die Sachkenntnis fehlt. Aber was ich kann, ist erzählen. Ich kann mich als Zeitzeugin erinnern und berichten, ich habe auch einiges in den damaligen 4 Wanne-Eickeler Tageszeitungen nachlesen können, so dass meine Erinnerungen auch gesichert sind. Dankenswerterweise hat Herr Wältermann einige Artikel zum Nachlesen an der Stellwand befestigt.

Lassen Sie sich nun mitnehmen auf eine kleine Zeitreise in die 50er Jahre:

Als Ingeborg Schuitz wurde ich im Sommer 1948 dort drüben im St.Anna-Hospital geboren und getauft, aufgewachsen bin ich nur wenige Meter von hier entfernt auf der Hauptstraße 333, im Hause Irmer in der 2. Etage. Ich besuchte den Katholischen Kindergarten in der Annastraße, quer über den Diesterwegplatz an der Ruine der alten Schule und den Flüchtlingsbaracken entlang, durfte ich alleine zum Kindergarten laufen. Der Kindergarten war Teil des Schwesternhauses und des Katholischen Jugendheimes. Auch mehrere Wohnungen gab es in dem Eckhaus. Heute befindet sich dort eine Grünanlage.

Im Kindergarten schaltete und waltete Schwester Pankratia, eine standfeste unerschrockene Ordensschwester der Vinzentinerinnen.

Zwischen Kolpingstraße und Wanner Markt, zwischen Beerdigungsinstitut Grafe und dem Friseur Gottfried Skratek war meine Kinderwelt. Das Atelier und der Laden meines Vaters waren im Haus, aber dort war ich nicht gern gesehen, da ich Vieles anfasste, ich hatte eigentlich Hausverbot.

Meine verlässlichen Kindheitserinnerungen beginnen mit der Entstehung des Altarbildes hier in der Laurentiuskirche.

Eine neue spannende Arbeit für meinen Vater unter direkter Beteiligung des Auftraggebers Dechant ten Hompel begann. Ich lernte neue Wörter kennen: Kreuzigung, Judaslohn, Schuld, Verrat, Chor, Majolika, Triptychon. Leute kamen und gingen, viele Besprechungen fanden bei uns in der Wohnküche statt. Annemarie Meinken von der Alten Drogerie in Crange erzählte mir, dass Leute aus der Gemeinde im Atelier zu Portrait saßen und Modell standen, um als Vorlage für die Figurengruppen im Mosaikbild zu dienen. So gibt es einen dokumentarischen Zeitungsbericht über die Kreuzigungsszene, zu der Konrad Gries Modell stand.

Zu den nachlesbaren Fakten gehört, dass der Auftrag zu Beginn des Jahres 1952 erteilt wurde. Mit der Osterkollekte begann die Finanzierung des in die Tausende gehenden Projektes. Die Katholische Laurentiuskirche sollte einen repräsentativen und würdigen Altarraum erhalten. Der Entwurf des heimischen Künstlers Edmund Schuitz wurde angenommen, eine Probemosaik aus Pappe von 8 x 4 m entstand und wurde im Altarraum befestigt. Die weiteren Arbeiten wurden in einer der Werkhallen des Maler-und Glaserbetriebes Diekhans & Meyer auf dem Cranger Kirmesplatz/Schacht V ausgeführt. Die gesamte Fläche des Mittelteils und später der Seitenteile wurden im Kartonentwurf 1:1 ausgelegt: Jedes Steinchen wurde von Hand gesetzt. Mittels fahrbarem Gerüst konnte mein Vater auf die Position der Steine sehen und korrigieren.

Zu dem verwandten Material ist festzustellen: die Steine kamen aus Italien und wurden dort in keramischen Fabriken gebrannt, 90 verschiedene Farbtöne waren erforderlich, um die geplante Komposition zu erreichen. Die kleinen Goldsteinchen haben eine Fläche von 1 Quadratzentimeter, die Keramiksteine wurden einzeln gebrochen, behauen und eingebaut. Wichtig war die Anordnung und Kantung der Steinchen, um die gezielte Lichtwirkung zu erhalten. Für die Erstellung des Mittelteils wurden 300.000 Steine per Hand verlegt und in Position gebracht. 12 Zentner Mörtel und Steine an die Wand zementiert.

Insgesamt wurden 100.000 Goldsteine aus Murano geliefert, nach Deutschland eingeführt und verzollt. Die Verlegung der Goldsteine brachte eine große Herausforderung mit sich, es durfte an der Wand keine Spiegelung entstehen. Gleichzeitig sollte ein Farbspiel gelingen, dass unabhängig vom natürlichen Lichteinfall, der künstlichen Beleuchtung oder vom Standpunkt des Betrachters seine Wirkung entfalten würde. Insgesamt wurden auf der ca 70 Quadratmeter Fläche des Triptichons über eine Million Steinchen verbaut, davon 33 1/2% Goldsteine. Ein 3/4 Pfund Steine blieben übrig.

Die Gemeinde war mit einem hohen Anteil an den Kosten beteiligt, einen Teil der Summe hatte der Dechant bereits bezahlt, der Rest wurde Sonntag für Sonntag "abgestottert". Ich erinnere mich gut, meine Mutter ging mit mir nach der Kostgängermesse in die Sakristei, dort wurde die Kollekte gezählt und im Beisein des Küsters Herrn Knob und des Kirchenschweizers Herrn Osterwind in ein Heftchen eingetragen. Die Münzen wurden gerollt. Meine Mutter hatte eine Zigarrenkiste der Marke "Handelsgold" mit, da passten die Rollen hinein. Leider konnte ich nicht erfahren, was das ganze Projekt gekostet hat.

Dieser Auftrag brachte eine Menge Unruhe in meinen Kinderalltag und in unsere Familie, mein Vater war viel unterwegs und nahm mich mitunter mit. Schon das Wort Mosaik hörte sich so aufregend fremd an, dazu die manchmal auf italienisch geführten Telefongespräche, ganz schön spannend für eine Vierjährige.

Oft hatte ich morgens anstatt zum Kindergarten zu gehen, einen Umweg zur Kirche gemacht. Diese Kirche war aufregend, geheimnisvoll. Das schummrig beleuchtete Innere des Gebäudes -die bunten Fenster, das hohe dunkle Holzgestühl, die mächtige Kanzel, die Orgelempore, da hatte ich Herzklopfen. Im Chorraum ein riesiges Gerüst, Papier in großen Bahnen, Eimer, Kisten mit Sand, Wasser, Mörtel- mein Vater kletterte dort oben mit Conrad Gries herum, ich ganz klein in der Hocke-diesen eigenartigen Geruch, vermischt mit abgestandenem Blumenwasser, ich rieche ihn noch heute.

Doch in dieser Baustelle ist ein vierjähriges Mädchen sehr glücklich: der nicht sichtbare Vater, die vertraute Stimme, eine völlig entspannte Szene. Das kleine Mädchen hat das Gefühl, an etwas ganz Großem beteiligt zu sein. Doch das Mosaik wuchs sehr zögerlich seiner Vollendung entgegen. Immer neue Steine kamen aus Murano: Eimer, Körbe, Säcke, ein großes Chaos im Altarraum. Ein Termin wurde festgesetzt: Einweihung 1.Weihnachtstag 1952. Welch eine Symbolik für den Künstler und sein Werk! Seine Arbeit an diesem Festtag der Gemeinde zu übergeben? Mein Vater war voller Optimismus und sagte zu, allen Warnungen meiner Mutter zum Trotz.

Immer wieder hatte es unverschuldet Engpässe mit der Lieferung gegeben. Mal fehlten die Goldsteine, mal die keramischen Steine, mal das Goldpulver. Meine Mutter hatte schlaflose Nächte, bangte um jeden Tag. Vater blieb ruhig und emsig bei der Sache. Mutter kletterte trotz Höhenangst auf das Gerüst. Mein Großvater und andere Helfer lernten, kleine Steine auf Felder mit Zahlen zu legen. Obwohl jeder sich die größte Mühe gab, war Schuitz mit seinen angelernten Mannen nicht zufrieden, er kontrollierte jedes Feld. Seine Vision von Lichtspiel und Farbwirkung ließen keine individuellen Abweichungen zu. Die Stimmung auf der Baustelle und daheim war öfter auf dem Nullpunkt. Schuitz forderte höchste Perfektion und schonte niemanden, am wenigsten sich selbst.
Die friedlichen Stunden des Wachsens und Werdens, die philosophischen Gespräche der Männer über Schuld, Sühne, Gnade waren vorbei. Verbissen schweigende, nicht enden wollende Wochen voller Anspannung und harten Auseinandersetzungen beherrschten das Zusammenleben. Alle sehnten den Weihnachtstag herbei und obwohl ich mir die Nase beim Puppendoktor Dissenbacher am Schaufenster plattdrückte, hatte ich nur einen Wunsch, das "olle" Mosaik sollte nun endlich fertig sein

Und so geschah es dann auch, der 1.Weihnachtstag 1952 kam, die Gemeinde war zufrieden, die Zeitungen voll mit Berichten, der Künstler hatte neue Aufträge und die Plackerei war schnell vergessen. Die beiden Seitenflügel folgten und am wurden am1.Weihnachtstag 1953 feierlich eingeweiht. Die restlichen Arbeiten, das Auspudern der Fugen zwischen den Goldsteinen, zog sich dann noch bis Anfang 1954 hin. Ein Beleuchter des Essener Stadttheaters installierte eine entsprechende Scheinwerfer-Installation.

Das die ganze Wand vollständig bedeckende Mosaikbild war das erste in dieser Technik in einer Kirche in Wanne -Eickel, es folgten in den 50er Jahren kleinere Mosaikbilder in den Neubauten der Pfarreien Hl. Familie, Herz -Jesu und St. Franziskus.

Trotz der flächigen Verbauung auf 70 Quadratmetern hat das Triptychon die 70 Jahre unbeschadet überstanden, steht seit 1987 unter Denkmalschutz.

Wie gut, dass wir diese Fakten alle nachlesen und verstehen können, schwieriger wird es, wenn wir uns dem Bild selber zuwenden.

Edmund Schuitz erhielt das Auftragsthema und die Ausführungstechnik zu Beginn des Jahres 1952 vom Dechanten ten Hompel, der gleichzeitig auch Pfarrer der Gemeinde war. Das Thema lautete:

1.Von der Wurzel des Kreuzes zum Glorienschein

2.Das Kreuz als Scheideweg

Das etwas sperrig klingende und aufgeteilte Thema sollte als Triptychon erstellt werden. Das Wort Triptychon stammt aus dem Griechischen und bedeutet dreiteiliges Gemälde, dreiteilige Tafel auf denen Geschichten erzählt werden.

Ich habe mich seit Oktober bemüht, beim Erzbischöflichen Museum in Paderborn mehr über das Mosaik zu erfahren, d.h. wie kann es zeit- bzw kunsthistorisch eingeordnet und heute verstanden werden. Leider habe ich nichts erreicht.

Der Auftrag war eine echte Herausforderung und die schritliche Ausarbeitung von Edmund Schuitz ist ein schwer verständlicher Text.

Einerseits musste unter Punkt 1 Gott in dreifacher Person zu einer Einheit verschmelzen und mit dem Kreuz verbunden werden, unter Punkt 2 die Trennung, der Scheideweg verdeutlicht werden. Der Entwurf war gehalten an das kirchliche Gebot der Bildlichkeit, d.h. das Thema musste inhaltlich lesbar sein. Ergänzt wurde das Thema noch mit den vorgegebenen lateinischen Inschriften unten rechts und links in den Seitenteilen.

Erinnern wir uns, die Ausgangslage ist 10 Jahre vor dem II. Vatikanischen Konzil, vor der Zeit von Papst Johannes XXIII., der 1963 die Fenster öffnen wollte, um frische Luft herein zulassen.

Die Generation der Gläubigen jener Zeit stand noch fest in der christlichen Lehre, an Bilder gewohnt. Sie kannten den Katechismus und die Glaubensregeln. Erbsünde und Fegefeuer, Nottaufe und Exkommunikation, Fastentage mit Fleisch-Verzehr -Verbot und Fastenzeit, Mischehe und Müttersegen, Bücher, die auf dem Index standen. Wer kennt noch die wichtigsten 5 Kirchengebote?

Männer und Frauen, ja, auch wir Kinder, konnten diese Bilder lesen. Wir fanden das bestätigt, was uns zu Hause, im Religionsunterricht, in der Christenlehre, der Beichte und der sonntäglichen Messe vermittelt wurde. Die Priester kannten uns, schrieben ins Poesiealbum fromme Sprüche, halfen uns, den Beichtzettel aufzuschreiben. Vikar Lieke, Vikar Striegert, Vikar Schneider begegneten uns oft auf ihren Wegen. Manchmal waren sie mit der schwarzen Soutane bekleidet, darüber ein weißer Spitzenüberwurf. Oft in der Begleitung zweier Messdiener, wenn sie Sterbenden die Krankensalbung/ letzte Ölung brachten und sich auf dem "Versehgang" befanden.

Uns wurde ein Gottesbild vermittelt, dass für unsere Jetztzeit nicht mehr vorstellbar ist. Der allwissende, alles sehende und auch strafende Gottvater, der seinen Sohn in die Welt schickte, um die Menschen von der Erbsünde zu erlösen. Wir Kinder kannten die 10 Gebote, beteten und sangen in lateinischer Sprache, wir wussten, dass das Himmelreich verschlossen ist, wenn wir den Lastern folgen, also böse sind und der Himmel sich öffnet, wenn wir auf dem Pfad der Tugend bleiben, also brav sind. Die Erzengel Gabriel und Michael waren uns nicht fremd, Luzifer, der gefallene Engel, gehörte zur Pforte der Hölle.

Die Regeln waren einfach: Brav und böse, rechts und links, entweder oder, ein sowohl als auch fehlte in dieser Unterweisung.

Wir Kinder lernten, dass Ostern, nicht Weihnachten, als das höchste Fest der Christenheit gilt und Christus für uns gestorben ist. Tröstlich, dass der Blick Jesu zu den Sündern geht und wir bei allen unseren Verfehlungen nicht verloren sind. Das strahlende Gold lässt hoffen, dass alles wieder gut wird, gibt Mut und Zuversicht.

Fragen mich heute die Betrachter nach der Symbolik, werde ich nachdenklich. Lassen Sie uns als gemeinsam schauen, was wir sehen und kennen. Das Verstehen und interpretieren bleibt jedem selber überlassen.

Aber wir alle hier können etwas zum Mittelpunkt des Altarbildes sagen.

Wir sehen den mit 4 m deutlich überhöhten Korpus des Gekreuzigten. Wir wissen, dass der Erlösertod Christi am Kreuz die zentrale Aussage unseres Glaubens ist.

Die Figuren rechts und links des Kreuzes sind auch klar erkennbar und in unser aller Erinnerung: Maria und Johannes, Judas mit dem Geldbeutel und Pontius Pilatus mit der goldenen Amtskette. Darüber gesetzt ist die kleine Taube, positioniert als Mittelpunkt eines Kreischlages, der den Gekreuzigten mit Gott Vater verbindet, Symbol der Dreieinigkeit. Das Mittelfeld besteht aus drei Bildern. In der Antike gilt die Drei als Symbol der Geschlossenheit und Vollständigkeit.

Schauen wir jetzt auf die rechte Seite und wenden den Blick nach unten:

In der Nische der Pelikan als Symbol der aufopfernde Liebe und Fürsorge ist der heutigen Generation unbekannt, der darüberstehende lateinische Text:

Vincenti dabo Manna absconditum ist schwer verständlich und heißt übersetzt bei Google: Ich werde dem Sieger verhülltes Manna geben. Wir können wenig damit anfangen.

Schauen wir auf die linke Seite:

In dieser Nische ist der Pfau abgebildet, das Symbol für Stolz und Eitelkeit. Die lateinische Textzeile: Expecto donec veniat immutation mea, laut google: Ich werde warten, bis mein Wechsel kommt. Auch hier brauchen wir Nachhilfe. Diese Textstellen bedürfen einer theologischen Einordnung. Eine wörtlichen Übersetzung ist unverständlich und hilft nicht weiter.

Bleiben wir auf der linken Seite:

Die Laster sind hier widergegeben: die 5 Figuren stehen für den Geiz, die Hoffart, die Unkeuschheit, den Neid, die Unmäßigkeit, den Zorn und Trägheit. Geiz, Neid, Zorn und Trägheit sind schnell erklärt, aber Hoffart, Unkeuschheit und Unmäßigkeit, da beginne ich zu stottern.

Der Engel mit den gekreuzten Armen, Flammenschwerter haltend in der Abwehrstellung ist selbsterklärend, darüber die Gesetzestafeln mit den 10 Geboten, sie sind für uns auch klar. Aber ob wir sie noch alle aufsagen können?

Schauen wir noch einmal auf die rechte Seite.

Wir sehen hier die Tugenden, zusammengefasst die drei göttlichen Tugenden: Hoffnung, Glaube, Liebe. Daneben die vier Kardinaltugenden: Tapferkeit, Klugheit, Mäßigung und Zucht, Gerechtigkeit. Meine Vorfahren kannten sich aus, ich muss da erst nachlesen. Nach dem Verständnis meines Vaters symbolisiert das Schwert die Tapferkeit und den Mut, das Öllämpchen die Klugheit und die Waage die Gerechtigkeit.Darüber schaut der Engel mit weit geöffneten Armen auf uns herab, darüber der Eucharistie-Kelch.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

Vier eindeutige Bilder auf jeder Seite des Triptychons, Mahnung und Ermutigung zugleich.

Im Mittelteil sehen wir drei Bilder, durch den Kreisschlag der goldenen Strahlen zu einem Bild zusammengefasst: Gottvater hoch oben, der Hl.Geist in der Mitte und dem Betrachter am nächsten: Jesus Christus am Kreuz.

Wir sehen im Triptychon in Summe 9 Bilder. Der christlichen Zahlensprache folgend bedeutet die 9 die gesteigerte, dreifache Dreiheit, die Trinität. Jesus, der Gottessohn, stirbt in der neunten Stunde.

Sehr geehrte Damen und Herren, diese Bildsprache ist verwirrend und ist uns heute fremd. Um so wichtiger erscheint eine wissenschaftlich angelegte kunsthistorische Betrachtung des Altarbildes, die dann auch Aussagen zu den Stilmitteln, der Linienführung und des Kunsthandwerkes treffen kann.

Bevor ich meinen Beitrag beende, gestatten Sie mir eine persönliche Aussage zum Mosaik und meinem Vater. Tod und Auferstehung war ihm zu Beginn seiner öffentlichen Arbeit ein großes Anliegen, aber auch in den letzten Lebensjahren hat ihn das Thema nicht losgelassen: mit Radierungen, Zeichnungen, Glasarbeiten zum Thema Kreuzweg beschäftigte er sich stets neu bis kurz vor seinem Todestag.

Das Kreuz als Scheideweg, beunruhigend und provozierend, tröstlich und hoffnungsvoll zugleich.


Edmund Schuitz war zeit seines Lebens ein gläubiger Christ, standhaft und streitbar. Er war der Ökumene verbunden, hatte er doch 1950 in der Ev. Lutherkirche an der Unser-Fritz-Straße das Altarbild als Wandmalerei zum Thema "Auferstehung" entworfen und ausgeführt. Dies war sein erster öffentlicher Auftrag. Auch hier nochmal ein Blick zurück: Edmund Schuitz wollte als Katholik die Ev.Bibel lesen. Diese stand aber auf dem Index der Kath.Kirche. Er musste nach Paderborn zum damaligen Erzbischof und sich die Erlaubnis abholen. Ein Verstoß hätte möglicherweise ein Auftragsverbot bedeutet. Nach dem Konzil war das alles kein Thema mehr. So befinden sich weitere Werke in der Cranger Kirche und der ehemaligen Friedenskirche in Wanne-Süd.

Von der Laurentiusgemeinde erhielt er 1951 einen Auftrag zu Ausschmückung des Kath.Jugendheimes und 1967 den Auftrag zur künstlerischen Gesamtgestaltung der Totenhalle am St. Anna-Hospital. 4 Glasfenster, 1 Wandplastik und mehrere Wandleuchter wurden entworfen und ausgeführt. Beim Abriss der Halle 2003 wurden alle Kunstwerke vernichtet.

 

Dem Denkmalschutz sei dank, dass das Mosaik auf unbestimmte Zeit geschützt ist und erhalten bleibt.

 

Herne, den 26.April 2023 Ingeborg Müller-Schuitz